Selbstbestimmungsgesetz beschlossen

Das Gesetz über die Selbstbestimmung in Bezug auf den Geschlechtseintrag - auch „Selbstbestimmungsgesetz“ genannt - wurde vergangenem Freitag im Bundestag verabschiedet. Es regelt das Personstandsrecht (Geschlechtseintrag und Vornamen) und auch teilweise das Elternschaftsrecht. Die Änderung von Namen und Geschlechtseintrag ist ab dem 01.11.2024 möglich. Die Anmeldung für die entsprechende Erklärung beim Standesamt ab dem 01.08.2024 (von Anmeldung bis zu Erklärung gibt es eine Wartefrist von 3-Monaten).

Wir haben eine kleine Übersicht zu den wichtigsten Verbesserungen erstellt. Mit darauf sind aber auch selbstverständlich Bereiche, wo der Staat trans*, inter*, nicht-binäre und agender Personen weiter ungleichbehandelt. Damit ihr schnell rausfindet was euch betrifft, ist das Ganze nach geschlechtlichen Identitäten bzw. Alter sortiert.

Allgemeine Verbesserungen

  • Volljährige Personen können einmal alle 12 Monate per Erklärung beim Standesamt ihren staatlichen Geschlechtseintrag und Vornamen oder nur den Geschlechtseintrag ändern lassen. Neben männlich, weiblich oder divers ist nun auch die Streichung des Geschlechtseintrags möglich. 
  • Für die Erklärung gibt es eine Wartefrist von 3 Monaten nach Anmeldung.
  • Jugendliche (über 14) und Eltern von Kindern (unter 14) können die Erklärung mit zusätzlichen Hürden auch abgeben.
  • Es gibt erstmals eine klare Regelung welche Dokumente auf Wunsch geändert werde müssen. Die Liste ist offen sie beinhaltet unter anderem:
    • Zeugnisse und andere Leistungsnachweise
    • Ausbildungs- und Dienstverträge
    • Besitzstandsurkunden
    • Führerscheine
    • Versicherungsnummer-Nachweis
    • Elektronische Gesundheitskarte
    • Zahlungskarten
  • Das Verfahren für Jugendliche und ältere Kinder Geschlechtseintrag und Vornamen oder nur den Geschlechtseintrag ändern zu lassen wird vereinfacht.
  • Trans* Männer erhalten die volle Möglichkeit die Elternschaft anzuerkennen. Wenn sie nicht die Person sind, die das Kind zur Welt bringt, immer als „Vater“.
  • Trans* Frauen und bei der Geburt männlich zugeordnete Nicht-Binäre und Agender erhalten erstmals die Möglichkeit sich - ohne ein teures Gerichtsverfahren durchlaufen zu müssen – als Elternteil einzutragen. Allerdings nur als Vater.

Fortbestehende Ungleichbehandlung Allgemein

  • Das Elternschaftsrecht ist weiterhin in großen Teil binär geregelt: Die gebärende Person müssen sich als Mutter eintragen lassen, die andere Person als Vater.
  • Menschen mit gesetzlicher Betreuung können ihren Geschlechtseintrag nicht selbst ändern.

Fortbestehende Ungleichbehandlung bei der Geburt (vom Staat) männlich eingenordeter Personen

  • Personen mit einem ehemals männlichen Geschlechtseintrag können weiterhin zum Wehrdienst herangezogen werden, wenn die Änderung innerhalb von 2 Monaten vor oder während eines Spannungs- oder Verteidigungsfalls stattfand.

Fortbestehende Ungleichbehandlung von Nicht-Binären und Agender Personen

  • Eigenschränkte Reisefreiheit: Wer nicht-binär oder agender (eingetragen) ist, kann (anders als Inter Personen) sich keinen Reisepass auf “männlich” oder “weiblich” ausstellen lassen und daher in viele Länder nicht oder nur mit Risiko reisen.
  • Ausschluss von Quoten: Nicht-Binäre und Agender sind von Quoten zur geschlechtlichen Gleichstellung ausgeschlossen.

Fortbestehende Ungleichbehandlung von inter* Personen

  • Eigenschränkte Reisefreiheit: Wer nicht-binär oder agender (eingetragen) ist, kann (anders als Inter Personen) keinen Reisepass auf “männlich” oder “weiblich” ausstellen lassen und daher in viele Länder nicht oder nur mit Risiko reisen.
  • Sind von Quoten zur geschlechtlichen Gleichstellung ausgeschlossen.

Fortbestehende Ungleichbehandlung von Jugendlichen und Kindern

  • Zwang zum Eintrag eines Geschlecht bei Geburt besteht für die meisten Eltern fort - Geschlecht der Kinder ist damit staatlich vorbestimmt.
  • Kinder (unter 14) können nicht selbst über die Änderung des Geschlechts-eintrags entscheiden. Die Erklärung muss durch Eltern stattfinden und ein Familiengericht muss zustimmen.
  • Jugendliche (über 14) brauchen die Zustimmung der Eltern oder des Familiengerichts.
  • Es braucht eine Erklärung der Jugendlichen bzw. bei Kindern der Eltern, dass sie eine Beratung in Anspruch genommen haben sind (Unklar ist, ob es einen Zwang gibt sich beraten zu lassen).