Vor lauter Coronavirus nicht HIV vergessen

Von Nika Layeghi / Nordstadtblogger

HIV – ein Virus, welches sich im menschlichen Körper unbemerkt weiterentwickeln kann. Viele Menschen sind sich jedoch ihrer Infektion nicht bewusst und geben sie so weiter. Im Rahmen des Welt-AIDS-Tages werden am 24. und 27. November zwei Schnelltest-Tage angeboten, an denen Tests innerhalb von 30 Minuten Klarheit bieten. Für weitere Informationen hat Nika Layeghi mit Nicole Hohenkirch, von der aidshilfe dortmund e.v. gesprochen.

 

Frage: Welche Idee steckt hinter diesem HIV-Schnelltest-Angebot?

Nicole Hohenkirch: Die Idee dahinter ist, dass sich mehr Menschen auf HIV testen lassen und das Testbewusstsein gesteigert werden soll. Es ist wichtig, von seiner Infektion zu wissen und im Falle einer Infektion die notwendigen Medikamente zu bekommen, ehe man wirklich krank wird. Momentan zieht das Corona-Virus all die Aufmerksamkeit auf sich, aber es ist wichtig, dass darauf hingewiesen wird, dass HIV weiterhin ein relevantes Thema ist. 

 

Wer organisiert die Aktion?

Die aidshilfe dortmund e.v., Gesundheitsamt, Klinikum Dortmund und der Förderverein zur Bekämpfung von AIDS sind die größten und bekanntesten Dortmunder Anlaufstellen für HIV und AIDS und schließen sich einmal jährlich zusammen und bieten eine Gemeinschaftsaktion – wie dieses Jahr das HIV-Schnelltest-Angebot – an. Den Akteuren war wichtig, dass die Tests zu arbeitnehmerfreundlichen Zeiten angeboten werden. Ab 17 Uhr sollen Tests möglich sein. Der letzte Test ist bis 19:30 Uhr möglich. Die zwei Tage finden nicht nur im Rahmen des Welt-Aids-Tages statt, sondern wurden extra so gewählt, dass sie in der European Testing Week der Weltgesundheitsorganisation liegen. Aufgrund personeller Ressourcen wird das Angebot der Aidshilfe allerdings auf zwei Tage beschränkt. Bisher wurde die Aktion immer gut angenommen.

 

Wie gelingt Euch die Finanzierung, nun, wo der Infostand auf dem Weihnachtsmarkt weggebrochen ist?

Alle Angebote sind für die Menschen mit HIV kostenlos. Jedes Jahr muss der Verein jedoch Eigenmittel in Höhe von über 50.000 Euro aufbringen, um seine Aufgaben leisten zu können. Dazu ist die aidshilfe dortmund vor allem auf die Spenden vieler Dortmunder Bürger*innen angewiesen. Eine Quelle der Einnahmen ist der Teddyverkauf auf dem Weihnachtsmarkt, welcher dieses Jahr wegfällt. Deshalb können Menschen an drei Tagen in der Woche diese Teddys im caféplus erwerben und sich außerdem zum Thema HIV beraten lassen.

Das Wegbrechen des diesjährigen Informationsstandes bedauere ich. Es gibt in Dortmund viele offene Menschen, die sich auch ausführlich haben beraten lassen, aber auch verhaltene Menschen. Ab und zu bekam ich auch mal seltsame und diskriminierende Blicke, weil es immer noch Berührungsängste mit dem Thema HIV und AIDS gibt.

 

Wie fühlt sich das an, mit positiv getesteten Menschen zusammenzuarbeiten?

Ich finde das sehr bereichernd und habe keine Ängste, weil ich mich mit der Thematik auskenne. Außerdem finde ich es klasse, wenn Menschen ihren Selbstwert, welcher ihnen in der Gesellschaft häufig genommen wird, wieder entwickeln und man die Menschen mit HIV/AIDS dann mithilfe von Selbsthilfegruppen oder Einzelfallberatung wieder bestärkt. Auch wenn sie auf der Arbeit oder im Privaten mutiger werden und von ihrer Erkrankung erzählen, finde ich das total schön. Es ist aber echt schade, dass so viele Menschen in der Gesellschaft sehr wenig von HIV wissen. Beispielsweise wissen viele nichts von den medizinischen Fortschritten der Medikamente und dass HIV unter Einnahme dieser nicht mehr infektiös und somit auch nicht mehr ansteckend ist. Aber durch die Unwissenheit habe ich den Ansporn, hier weiter zu machen und den Menschen das Thema nahezubringen.

 

Sie arbeiten für die Aidshilfe – aus welchen Aufgabenbereichen besteht die?

Die Aidshilfe hat verschiedene Aufgaben. Darunter gibt es die Präventionsarbeit an den Schulen, damit  Jugendliche informiert werden, es gibt den Gesundheitsladen „pudelwohl“ zur Beratung und Testung von Schwulen, Bisexuellen und anderen Männern, die (auch mal) Geschlechtsverkehr mit Männern haben.

Es gibt die Fachstelle für sexuelle Gesundheit für HIV-positive Menschen und deren Familien sowie die Drogenhilfeeinrichtung Kick. Bei letzterer wird u.a. dafür gesorgt, dass Menschen sauberes Spritzbesteck bekommen.

Außerdem gibt es dort Krankenpfleger*innen und Ärzt*innen, die darauf achten, dass es beim Drogenkonsum beispielsweise nicht zu einer Überdosis kommt.

 

Was ist das HIV-Virus genau und kann es behandelt oder sogar eingedimmt werden, bevor es ausbricht?

HIV, auch bekannt als Menschliches Immunschwäche-Virus, ist ein Virus, mit dem man sich über Schleimhäute und  Blut infizieren kann. Am häufigsten wird HIV beim Geschlechtsverkehr und beim Drogenkonsum ohne Schutzmaßnahmen übertragen. Bei einer HIV-Therapie unterdrücken Medikamente das Virus im Körper. HIV ist dann beim Geschlechtsverkehr nicht übertragbar. Gelangt das Virus in den Körper, befällt es bestimmte Zellen des Immunsystems und schwächt die Abwehrkräfte des Körpers. Ohne Behandlung führt das nach einiger Zeit fast immer zu schweren und lebensbedrohlichen Krankheiten. An diesem Punkt spricht man von AIDS. Mit einer HIV-Therapie lässt sich AIDS verhindern. So können Menschen mit HIV heute gut und lange leben.

 

Wer sollte sich testen lassen und wie oft?

Ob und wie häufig man sich testen lassen sollte, bespricht man am besten in der Beratung. Testen lassen sollte man sich, wenn man häufig wechselnde Partner*innen und ungeschützten Sex hat.

Männern, die Sex mit Männern haben, wird empfohlen, sich mindestens einmal jährlich auf HIV (und andere Geschlechtskrankheiten) testen zu lassen.

Schwangeren Frauen soll auf jeden Fall ein HIV-Test angeboten werden. Falls eine Infektion festgestellt wird, kann man eine Übertragung auf das Baby vermeiden.

Wer Drogen intravenös konsumiert, sollte abklären, wie häufig Tests auf HIV und Hepatitis C sinnvoll sind. Bei einem HIV-Test handelt es sich in der Regel um einen Antikörper-Suchtest. Das heißt, er sucht im Blut nach Antikörpern gegen HIV.

 

Wie schnell kann ich Sicherheit haben, ob ich mich infiziert habe?

Mit Sicherheit nachweisen, dass man nicht infiziert, also HIV-negativ ist, kann man beim Labortest nach sechs Wochen, beim Schnelltest nach drei Monaten. Bei Verdacht auf eine frische Infektion können aber auch schon vorher Testverfahren eingesetzt werden, die das Virus oder Virusbestandteile direkt nachweisen. Selbst wenn man ungeschützten Geschlechtsverkehr hatte oder das Kondom gerissen ist, kann eine HIV-Infektion noch verhindert werden. Wichtig ist es, jetzt schnell zu handeln. Spezielle Medikamente – die PEP [„Prä-Expositions-Prophylaxe“ – d.R.] – wirken, wenn sie innerhalb von 48 Stunden eingenommen werden. Manchmal werden sie sogar noch bis zu 72 Stunden nach erfolgtem Risiko verschrieben.

Vielen Dank für das Gespräch!

 

Weitere Informationen:

  • Was: Testung auf HIV und Beratung
  • Wann: 24. November und 27. November 2020 von 17 bis 20 Uhr
  • Wo: Bei der aidshilfe dortmund e.v. (Gnadenort 3-5, 44135 Dortmund)
  • caféplus: Das caféplus war früher ein gemütliches Café für die Öffentlichkeit. Hier war es möglich, einfach nur einen Kaffee zu trinken oder aber sich bei Interesse über HIV/Aids zu informieren.  Da es jedoch von der Bevölkerung nicht ausreichend genutzt wurde, ist der öffentliche Cafébetrieb seit einem Jahr eingestellt. . Seither dient es nur noch als Begegnungszentrum für Menschen mit HIV, beispielsweise um Selbsthilfegruppen einen Raum zu geben.